1443
Kosaken Fallen in das Gebiet
von Rjasan ein. Sie sind dem tatarischen Wort nach (Kosaken bedeutet: freie
Krieger) hauptsächlich tatarischer Herkunft; aber auch: Landsknechte,
Vaganten, Desperados, Untergründler, Zwischenfrontler. Selbst suchen
sie sich den Herrn Ihres Gehorsams aus. Hier: den Großfürsten
von Rjasan. in der "großen und sehr heißen Schlacht am Flusse
Lystan" kämpfen sie mit ihm gegen die Taaren.
1445
Kosaken Führen Krieg
für den Großfürsten von Litauen.
1452
Chan Kasimow, Tataren-Herrscher,
unterwirft sich den Großfürsten von Moskau. Seine Kosaken stellt
er den Moskowitern zur Verfügung. Diese ersten Notizen über das
Erscheinen von Kosaken stehen am Ende einer Epoche, die man als Mündigwerden
Rußlands in der Geschichte bezeichnen kann. Sie reicht von 1237 (Eroberung
der russischen Teilreiche durch die Tataren) bis 1480 (Abschüttelung
dieser Okkupation durch den Großfürsten von Moskau, Ivan III.,
den Großen).
Kosaken profilieren sich
als Grenzler: Wächter im Streifen zwischen russischem und tatarischen
Hoheitsbereich.
In Europa stabilisiert sich
die Renaissance. Politisches Symptom: neuer Staatsführer-Typ, der
Condottiere (Freischäfler-General), wird Herzog von Mailand. Francesco
Sforza. Künsterisches Symptom: realistischere Maler und Architekten
(Fra Angelico, Mantegna, Bruneleschi) lösen die imaginistischen Künstler
des Mittelalters ab.
1550
Am Unterlauf des Dnjepr
(hinter den Stromschnellen=sa porogami) auf einer Insel im Strom entwickeln
Kosaken eine Ihnen eigene Gesellschaftsform: Die "Saporoshskaja Sjetsch",
das Saporosher Kriegslager. Analog dazu: Konstitution freier Kosakengemeinden
am uneteren Don. Flüchtlinge aus Polen, Moskowien, aber auch aus Frankreich,
Deutschland, Italien strömen zu den Kosaken. Rußland, seit Ivan
IV. (1533-1584) eigenes Keiserreich, wirbt Kosaken als Elitesoldaten für
seine Kriege. Ebenfalls Polen. Kosaken, als Vorreiter beider Imperien gegen
Tataren und Türken, geinnen legendären Ruhm als Retter Europas.
Während Ivan IV. mit Kosakenhilfe den Tataren den europäischen
Brückenkopf Rjasan entreißt, wird in Augsburg der Religionsfriede
geschlossen, der das lutherische Reformwerk sanktioniert.
1582-1584
Kosak Jermac Timofejew:
im Auftrag der Partizierfamilie Stroganow Eroberer des Ostens, Sibiriens,
Beinahe 100 Jahre nach Christoph Columbus Eroberung des Westens, Armerika
(1492).
Zwischen beiden Unternehmungen
- dem Ostpolzug Jermacs, des Kosaken aus dem Ural, und dem Westpolzug des
Christoph Columbus, des Juden aus Genua - sieht man magisch-historische
Entsprechungen. Eine bekannte Welt wird durch den Kosaken in den Osten,
durch den Juden in den Westen erweitert. Materiell. Geistig. Abgeleitet
wird daraus die enge Verwandtschaft zwischen den beiden. Das zum ewigen
Unruhe-Dasein verdammte Entdeckerwesen der Kosaken und Juden. (Woraus sich
auch die zeitweilige wilde feindschaft der beiden gegeneinander erklärt).
Jermac siegt über den
tatarischen Oberherrn von Sibirien, Chan Kutschum. Er bemächtigt sich
seiner Residenz: Sibirische Kosaken dringen bis ins innere Sibiriens vor,
erreichen als Fluß- und Seefahrer den Irtysch, die Lande östlich
von Irkutsk, die Amur- und Ussuij-Territorien. Diese Marken (ähnlich
wie die vorher schon besetzten Marken am Kuban, am Terek, an der unteren
Wolga, am Jajk/Ural) erhalten sie vom Zaren als quasi-autonome Distrikte.
In Europa beginnt das Zeitalter
des Barock.
1648
Bogdan Chmielnicki, umstrittener
ukrainischer Kosakenführer (Hetman) erhebt sich gegen Polen: behautet
eine Weile eigenes Kosaken-Königreich in Europa, gleidert sich dann
(was ihm als Verrat ausgelegt wird) in die moskowitische Staatsstruktur
ein.
Moskau unter Alexej Romanow
(1645-1676) orientiert sich an Europa und seiner Kultur.
Im Europa nach dem 30jährigen
Krieg (Westf. Friede): verändertes Welt- und Menschenbild. Naturwissenschaften,
Medizin, Philanthropie, Barockmusik anstelle von Theologie, Etatismus,
Konfessionalismus.
1667-1671
Am Don und an der unteren
Wolga: Aufstand des Donkosaken Stjenka Rasin. Der Selbstgott und Tribun
verliert sene Revolution; wird gevierteilt. "Der dem Untergang geweihte
Stenka Rasin war der Che Guevara seiner Zeit" (Philip Longworth).
1709
Kosakenhetman Mazeppa (meistbedichteter
Kosaken-Chef von Byron bis Brecht) fällt von Moskau ab. Bündnis
mit dem Schwedenkönig Karl XII. gegen Peter den Großen von Moskau.
Niederlage in der Schlacht von Poltawa. Die ersten Kosaken in Sibierischer
Verbannung.
In Europa: Aufklärung.
Leibniz schreibt seine Lehre von der "prästabilierten Harmonie". Die
Theodizee". Mit der These:" Gott schuf die vollkommenste der möglichen
Welten".
1773-1774
Donkosak Jemelian Pugatschow
(beschworen in Puschkins "Hauptmannstochter") inszeniert Volksaufstände
an Wolga und Ural. Behauptet: der 1763 ermordete Zar Peter III. zu sein.
Er verliert seine Erhebung, Hinrichtung in Moskau. Urbild des sozialen
Protestes. Weltweite Wirkung. Aus ukrainischen Kosaken der im 18. Jahrhundert
aufgelösten Saporosher setsch enstanden die unter Katharina II. gebildeten
Schwarzmeer Kosaken, die neben den Asow Kosaken gegen die Türkei eingesetzt
wurden.
In Rußland: Regierung
Katharinas II. (1762-1796). Entfalterin des absolutistischen Monarchentums.
In Europa: Sturm-und-Drang-Gesinnung.
Im ersteen Aufstandsjahr Pugatschows schreibt Goethe seinen "Götz
von Berlichingen": Parallele des Bauernbefreier-Typ in deutscher Rebellion-Zeit. |
1814
Einzug der Kosaken in Berlin,
Paris. Kosakenführer Platow, Feldherr im Krieg der Allierten gegen
Napoleon, Wird in London mit Blücher zum Dr. jur. ehrenhalber promoviert.
1904/1905
Kosakenaufstände am
Don. Obwohl Kosaken als ruhmreiche Kavallerie im Zarenheer stehen. Kosakensoldaten,
die aus dem russisch-japanischen Krieg heimkehren, werden gegen Kosakenbauern
eingesetzt. Kosak gegen Kosak! Beginn des tragischen, widerspruchsvollen
Kosakenbildes: einerseits Kosaken, nach der Schilderung von Maurice Baring
(eines Kriegsberichters) ein "sehr angenehmes Volk, gutmütig und großen
Leiden ausgesetzt"; andererseits Kosaken als Unterdrücker der Matrosen-Revolte
1905. Grausame Büttel des Zaren. (Vergleiche Einsteins Film "Panzerkreuzer
Potemkin").
1917
24./25. Oktober (6./7. Novermber
neuen Stils): Große Sozialistische Revolution (Februarrevolution)
in Petrograd, übergreifend auf Rußland. Bringt den Bolschewisten
die Macht. Kosaken: gespalten in "Rote" und "Weiße". Erbitterter
Widerstand der Donkosaken gegen das Leninregime.
1918
Mai: Pjotr Krasnow, "weißer
General", gründet einen unabhängigen Staat der Donkosaken, "Kosakia".
1919
Unterm Gegenangriff der
Roten Armee bricht der Staat "Kosakia" zusammen. (Schilderungen der Kosaken-Bruderkämpfe
in Michail Scholochows Romanwerk "Der stille Don").
1920
Oberkommandierender der
"Weißen", General Wrangel, räumt seinen letzten Stützpunkt,
die Krim. Tausende von Kosaken verlassen (von Noworossisk auf Schiffen)
die Heimat. Das Kosaken-Emigrantentum entsteht.
1920-1941
In der frühen Sowjetunion:
trotz Lenins Ablehnung einer Kosaken-Selbständigkeit eine kurze Apotheose
des Kosakentums in "Busjonnys Reiterarmee". (Darstellung des Kampfes dieser
Armee gegen Polen in Isaak Babels Geschichten-Sammlung "Reiterarmee").
Dann versinkt das Kosakentum.
Erst 1936 werden wieder Kosaken-Kavallerie-Truppen in der Roten Armee zugelassen.
Währendessen breitet sich das Kosaken-Emigrantentum in der Welt aus.
Hauptsächlich in Frankreich, Jugoslawien und Deutschland. Symbol dafür:
Sergej Jaroff, 1896 geborener Dirigent des Don-Kosaken-Chores.
Pjotr Krasnow, seit 1920
Schriftsteller in Berlin, sammelt verstreute Kosaken, schreibt das Buch
"Vom Zarenadler zur Roten Fahne".
1941
Hitlers Überfall auf
die Sowjetunion.
1942
Kosaken laufen zu den Deutschen
über. In der Sowjetunion wird General Dowator "Kommandeur der sowjetischen
Kosakentruppen". Hittler gestattet die Aufstellung von Kosakeneinheiten
innerhalb der deutschen Wehrmacht. Pjotr Krasnow richtet in Berlin ein
"Zentrales Kosakenbüro" ein.
1943
Helmut von Pannwitz (geb.
14. Okt. 1898 in Botzanowitz, Kreis Rosenberg, Oberschlesien) erhält
von Hitler die Genehmigung zur Aufstellung der I. Kosakendivision.
1945
Das Fünfzehnte Kosaken-Kavallerie-Korps
(die erweiterung der Division) wird gemeinsam mit den um den Generalatamanen
Krasnow versammelten Kosaken (Frauen, Kinder und Greisen) von den Engländern
an die Sowjetunion ausgeliefert.
1947
Hinrichtung der Kosakengenerale
- darunter Helmuth von Pannwitz - in Moskau.
1949
Die Angehörigen des
Fünfzehnten Kosaken-Kavallerie-Korps werden gemeinsam mit den um den
Generalataman Krasnow versammelten Kosaken zum Toden verurteilt, dann zu
25 Jahren Arbeitslager begnadigt.
1953-1955
Heimkehr der Reste des Fünfzehnten
Kosaken-Kavallerie-Korps. |